Seit gut zwei Jahren liegt die EU- Richtlinie (EU) 2019/1152 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union (Arbeitsbedingungenrichtlinie) bereits vor und ist ab dem 1. August 2022 für alle Arbeitsverhältnisse maßgebend. Ziel der Arbeitsbedingungenrichtlinie ist es, bessere Arbeitsbedingungen durch die Förderung transparenter und vorhersehbarer Beschäftigungen zu schaffen und gleichermaßen die Flexibilität des Arbeitsmarktes sicherzustellen.
Erreicht werden soll das durch zwei Maßnahmen:
- Erweiterte Verpflichtung des Arbeitgebers, über die wesentlichen Aspekte des Arbeitsverhältnisses aufzuklären
- Pflicht zur Dokumentation und Aushändigung aller die Arbeitsbedingungen betreffenden Mindestanforderungen – wie die Mindestvorhersehbarkeit der Arbeit, Mehrfachbeschäftigung und die Höchstdauer der Probezeit.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Richtlinie wurde weitreichend kritisiert: „Purer Formalismus und Regelungswut ohne Nutzen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber mit viel Aufwand für Arbeitgeber“ ist in vielen Reaktionen der Grundtenor. Auch von einer Übererfüllung der europäischen Vorgaben ist häufig die Rede. Nun habend Bundestag und Bundesrat dem Entwurf im Juni und Juli zugestimmt, so dass seinem Inkrafttreten nichts mehr im Weg steht.
Aber was besagen die Änderungen des Nachweisgesetzes im Einzelnen?
Die Änderungen stellen vor allem Arbeitgeber vor eine neue Herausforderung. Denn bisher konnte der gesetzlichen Nachweisverpflichtung (§ 2 Abs. 4 NachweisG) durch einen schriftlichen Arbeitsvertrag nachgekommen werden. Zum 1. August 2022 müssen Arbeitgeber nun die neuen im Nachweisgesetz (NachwG) verankerten Anforderungen umsetzen.
Und diese Pflicht sollten Arbeitgeber ernst nehmen, sieht doch die Neufassung auch ein Bußgeld von bis zu 2.000 € bei Gesetzesverstößen mit dem neuen § 4 NachwG vor.
So müssen Arbeitgeber diese signifikanten Erweiterungen des Nachweisgesetzes berücksichtigen:
- Die Regelungen des NachwG gelten zukünftig auch für vorübergehende Aushilfen, die unter einem Monat beschäftigt werden.
- Der Zeitraum für die Nachweispflicht wurde verkürzt. Für Arbeitsverträge ab 01.08.2022 müssen die Nachweise über Name und Anschrift der Vertragsparteien, vereinbarte Arbeitszeit sowie Entgelt bereits am ersten Arbeitstrag vorliegen. Angaben wie etwa Tätigkeitsbeschreibung, Informationen über Befristung und Arbeitsort etc. müssen nach sieben Tagen vorliegen. Weitere Informationen insbesondere über die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs sowie das Kündigungsverfahren (s. u.) müssen spätestens nach einem Monat vorliegen.
- Befristete Arbeitsverhältnisse müssen datiert werden, wenn die Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht vorhersehbar ist.
- Bei Vereinbarung einer Probezeit muss deren Dauer angegeben werden.
- Es müssen Angaben zur Möglichkeit und den Voraussetzungen für Überstunden sowie Angaben zu deren Vergütung – getrennt nach Fälligkeit und Art der Auszahlung – getroffen werden.
- Die Bedingungen zur Schichtarbeit – Schichtsystem, Ruhepausen, Ruhezeiten, Voraussetzungen für Schichtänderungen – müssen angegeben werden.
- Bei Arbeit auf Abruf nach § 12 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes muss angegeben werden,
a) dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat,
b) die Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden,
c) der für die Erbringung der Arbeitsleistung festgelegte Zeitrahmen, bestimmt durch Referenztage und Referenzstunden, und
d) die Frist, innerhalb derer der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit im Voraus mitzuteilen hat. - Jeglicher Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung muss angegeben werden.
- Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt, muss der Name und die Anschrift dieses Versorgungsträgers angegeben werden, sofern nicht der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist.
- Es muss darüber informiert werden, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Schriftform bedarf und welche Fristen hierfür sowie zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage gelten.
- Ergänzende Regelungen zur Ableistung von Arbeitszeit im Ausland, insbesondere Entsendezulagen und zu erstattende Reise-, Verpflegungs- und Unterbringungskosten, ob eine Rückkehr des Arbeitnehmers vorgesehen ist etc. müssen angegeben werden.
- Bei Verträgen, die vor dem 1. August 2022 geschlossen wurden, ist dem Arbeitnehmer auf Verlangen spätestens am siebten Tag nach Aufforderung die Niederschrift mit den Angaben nach § 2 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 bis 10 NachwG auszuhändigen, die Niederschrift mit den übrigen Angaben nach § 2 Absatz 1 Satz 2 NachwG spätestens einen Monat nach Zugang der Aufforderung.
- Für einzelne Regelungsgegenstände darf der Arbeitgeber gem. § 2 IV NachwG auf die „auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen“ verweisen.
Alles in allem für viele Arbeitgeber ein nicht zu unterschätzender Aufwand, zumal auch der neugefasste § 2 Abs. 1 S. 1 NachwG weiterhin eine schriftliche Niederlegung, Unterzeichnung und anschließende Aushändigung der wesentlichen Bedingungen des Arbeitsvertrages erfordert. Für viele Unternehmen eignet sich diese Herausforderung jedoch sehr gut für externe Unterstützung und Automatisierungstools.
Wir unterstützen Sie gerne! Sprechen Sie uns an per E-Mail an clarius@clarius.legal oder telefonisch unter +49 40 257 660 900.