Clarius.LegalNewsroom
- 02.12.24
- Lesedauer: 4 Minuten
Binnenmarkt und Barrierefreiheit:Das neue Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) nimmt Hersteller und Händler stärker in die Pflicht
Für wen gilt das BFSG?
Namentlich betrifft das Produkte (§ 1 Abs. 2 BFSG) wie
Hardwaresysteme für Universalrechner für Verbraucher einschließlich des Betriebssystems
Smartphones u.ä.
E-Book-Reader
und folgende Dienstleistungen (§ 1 Abs. 3 BFSG):
Telekommunikationsdienste, mit Ausnahme von Maschine-zu-Maschine-Kommunikation
Welche Anforderungen werden an die Barrierefreiheit gestellt?
Produkte und Dienstleistungen sind barrierefrei, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind (§ 3 Abs. 1 S. 2 BFSG). Was dies genau bedeutet, ergibt sich insbesondere aus der zugleich erlassenen Verordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz – BFSGV. Daneben verweist § 4 BFSG auf „harmonisierte Normen“. Relevant dürfte hier insbesondere die „Accessibility requirements for ICT products and services“ (EN 301 549) sein. Betreffend Websites verweist die EN 301 549 wiederum auf die „Web Content Accessibility Guidelines“ (WCAG) der Standardisierungsorganisation „W3C“
Sowohl Out- als auch Input digitaler Dienstleistungen oder Produkte müssen möglichst verschiedene sensorische Kanäle bedienen, an diese anpassbar und insgesamt einer möglichst breiten Nutzerschaft zugänglich sein.
Die Anforderungen an Produkte (§§ 4, 6 BFSGV) beziehen sich auf die bereitgestellten Informationen zum Produkt sowie dessen Bedienung, Verpackung und Anleitung.
Beispiele sind:
daneben muss die Bedienung etwa Alternativen zur stimmlichen Eingabe zur Verfügung stellen
Die §§ 13 ff. BFSGV regeln ferner die Barrierefreiheitsanforderungen an Dienstleistungen gegenüber Verbrauchern. Ausdrückliche Regelungen erfahren hier Telekommunikationsdienste (§ 14); Personenbeförderungsdienste (§ 15), Bankdienstleistungen (§ 16), Dienstleistungen in Zusammenhang mit E-Books (§ 18) oder im elektronischen Geschäftsverkehr (§ 19).
Die Regelungen sind dabei vergleichbar mit den oben beispielhaft aufgeführten Produktregelungen. Auch hier ist auf die sensorischen Fähigkeiten, aber auch z.B. auf eine besondere Nutzerfreundlichkeit, man denke etwa an Menschen fortgeschrittenen Alters oder mit kognitiven Einschränkungen, zu achten.
Welche Erfordernisse bestehen an die EU-Konformitätserklärung und die CE-Kennzeichnung?
Im Rahmen des Konformitätsbewertungsverfahrens nach § 18 i.V.m. Anlage 2 BFSG muss der Hersteller eine technische Dokumentation über die Übereinstimmung mit etwa den oben genannten Anforderungen nach der BFSGV führen. Neben einer allgemeinen Beschreibung des Produkts muss ferner eine Aufstellung über die harmonisierten Normen sowie technischen Spezifikationen und deren Fundstellen im Amtsblatt der Europäischen Union erfolgen, sowie die jeweiligen Lösungen, mit denen der BFSGV entsprochen wurde.
Nach § 19 i.V.m. Anlage 2 BFSG bringt der Hersteller eine CE-Kennzeichnung an, um die Konformität zu bestätigen.
Wie wird das BFSG überwacht/durchgesetzt?
Fazit: Unternehmen müssen jetzt handeln
Grundsätzlich hat der europäische Gesetzgeber hier seinem Ziel, Rechtssicherheit durch die Harmonisierung von Anforderungen an die Barrierefreiheit von Produkten zu regeln, entsprochen. Dies bedeutet indes nicht, dass die umfangreichen Anforderungen, die über verschiedenste Rechtsquellen verteilt sind, für Unternehmen leicht nachzuvollziehen und umzusetzen wären.
CLARIUS.LEGAL verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen Compliance und Produktsicherheit. Gerne begleiten wir Sie dabei, Ihre Produkte und Dienstleistungen bis zum 28. Juni 2025 an alle Erfordernisse anzupassen.