Zur Mängelgewährleistung:AG Königstein, Urteil vom 05.07.2024

Nachzuweisen, dass eine Sache in tatsächlicher Hinsicht nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 434 BGB entspricht, stellt Anspruchsteller regelmäßig nicht vor große Herausforderungen. Anders verhält es sich mit der Frage, wann der Mangel erstmalig aufgetreten ist und ob dieser schon bei Übergabe vorlag oder zumindest angelegt war. Außerhalb der Beweislastumkehr des § 477 BGB ist der Nachweis, dass ein Mangel schon bei Gefahrübergang vorlag, durch den Käufer zu führen. Dass die Hürden hierbei hoch und Käufer häufig hierzu nicht in der Lage sind, veranschaulicht eine aktuelle Entscheidung des AG Königstein im Taunus.

 

Sachverhalt

Das Gericht hatte über den folgenden Sachverhalt zu entscheiden. Der Kläger erwarb im Jahr 2020 von der Beklagten ein faltbares Smartphone. Dieses war mit einer von Werk aus aufgebrachten Schutzfolie versehen. Hierbei handelte es sich nicht um eine „normale Schutzfolie“, wie sie aus dem Einzelhandel bekannt sein dürfte, sondern um eine, hinsichtlich des Klappvorgangs speziell entwickelte. Nach Ablauf von mehr als einem halben Jahr (die Entscheidung richtet sich noch nach dem § 477 BGB a.F.), begann die Folie an Haftung zu verlieren und Luftblasen unter der Oberfläche zu bilden. Hierdurch wurde insbesondere die Erkennbarkeit von Inhalten auf dem Bildschirm erheblich beeinträchtigt. Der Kläger nahm schließlich klageweise die Verkäuferin auf Nachbesserung in Anspruch.

Das Gericht hat durch Anhörung eines Sachverständigen Beweis über die möglichen Ursachen der Folienablösung erhoben. Fraglich war insbesondere, ob die Ablösung aus den mit dem Gerät angestellten Faltbewegungen, einer physischen Beschädigung oder einer Reinigung mit Desinfektionsmittel durch den Kläger herrührte. Der Sachverständige hielt zwar die Ablösung aufgrund des Desinfektionsmittels für möglich, konnte aber keine der Ursachen mit Sicherheit identifizieren. Das Amtsgericht wies die Klage ab.

 

Anforderungen an die Beweisführung des Klägers

Nach den allgemeinen Beweislastregeln hat der Anspruchsteller alle anspruchsbegründenden Tatsachen zu beweisen. Dazu gehört auch, dass der Mangel bei Übergabe der Kaufsache schon vorhanden oder zumindest angelegt war. Erforderlich ist die positive Überzeugung i.R.d. freien richterlichen Beweiswürdigung nach § 286 Abs. 1 ZPO. Eine Vermutung, dass bei Unaufklärbarkeit des Ursprungs des Mangels dieser schon im Gerät angelegt gewesen sei, nimmt das Gericht gerade nicht an. Vielmehr muss der Kläger selbst die Ursache des Mangels im Einzelnen darlegen und beweisen.

Hier konnte der Sachverständige weder feststellen, dass die Ablösung auf den Umgang des Klägers zurückzuführen sei, noch konnte er konstruktionsbedingte Mängel feststellen. Der Kläger blieb somit hinsichtlich des Zeitpunktes des Mangels beweisfällig.

  

Die gebrauchsbedingte Ablösung einer Schutzfolie ist kein Mangel

Das Gericht stellte daneben auch fest, dass kein Mangel i.S.v. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB a.F. bereits darin läge, dass sich die Folie grundsätzlich während der Lebensdauer des Smartphones ablöse. Hierbei handele es sich vielmehr wie bei Schutzfolien in anderen Anwendungsbereichen (Schutz der Ladekante eines Kraftfahrzeugs) um einen Bestandteil, der bei Sachen gleicher Art grundsätzlich über die Lebensdauer der Hauptsache auszutauschen ist. Dies entspräche den durchschnittlichen Erwartungen.

Fazit

Das Urteil des Amtsgerichts zeigt, dass gerade Verbraucher außerhalb der Vermutung des § 477 Abs. 1 BGB es regelmäßig schwer haben dürften, neben dem Beweis eines Mangels auch den Beweis des Vorhandenseins eines Mangels bei Gefahrübergang zu erbringen. Dies gilt umso mehr für Produkte mit höherer technischer Komplexität.

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Matthias SchulzSenior Sales Manager

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